[i]

 

Immortal - Diabolic Fullmoon Mysticism

Immortal haben Melodie und treibende Songstrukturen mit den Spieltechniken und rhythmischen Strukturen des damals modernen Metal verbunden - in den düsteren Stunden der Geburt des Black Metal schufen sie - als die technisch versierteste aller skandinavischen B.M.Bands - ein episches Werk, das als Definition für das gesamte Genre angesehen werden kann.

Die phantastischen, epischen und dunklen Songs vermitteln eine Intensität von Bewusstsein und Stimmung, die auch heute nur wenige Rock - oder sogar Metal-Bands erreichen. Die Musik ist im Grunde eine Kombination aus synkopierten Elementen des frühen Death-Metal, Hardcore-Strukturen und dem vorangehenden Hobbit-Rock - verschmolzen mit simplen Black-Metal-Elementen; über die Rock'n'Roll-Grundmuster sind einfache Riffs gelegt, die eine harmonische Intensitiät durch eingesponnene Melodien schaffen. Obwohl diese übereinandergelagerten Abläufe einfach und oft Standardrepertoire sind, entstehen Kompositionen, die geschickt manipuliert sind, um weit gespannte Strukturen zu kreieren, die gleichzeitig narrativ und thematisch zentriert sind. Im Hintergrund zischt die HiHat dahin, zwischen einer tosenden Flut von verzerrten Gitarren, die die tonalen Elemente in einem rasenden Wirbel von Resonanztönen dahinfließen lässt. Die Vocals treiben den Rhythmus mit monotonen Keiflauten voran und sind den rhythmisch betonten Punkten dicht aufgelagert, was die Intensität noch erhöht.

Trotz der Verschmelzung unterschiedlicher Stile greift dieses Werk eine neue künstlerische Richtung auf, und wählt als Thema die dunkle Ästhetik statt Angstmacherei oder Emotion. Immortal erwecken durch die Texte und die Philosophie lang vergangene mystische Zeitalter und gleichzeitig eine Cyberpunk-Ära in einer kranken Zukunft. Diese Konzeption gibt dem Rest des Werkes Kraft, indem sie einen Stil erzeugt, der in einem Zusammenlaufen expressiver Zwänge entsteht. An ihren Grenzen offenbart die jugendliche Anstrengung der Musiker ein einfaches Gerüst, aber in ihrem Kern ist diese Musik ein genetischer Urahn des Black-Metal als Denkweise.

Total Time: 35:01
Osmose 1992
Stil: Early Epic Black Metal
Prädikat: Essentiell
Review: www.anus.com; translated by Mathieu

Immortal - Pure Holocaust

Immortal haben auf diesem Release versucht, durch eine neue Art der Abmischung ein Ambiente aus verzerrten Instrumentalspuren zu erzeugen, die von ihrem zentralen Punkt aus nach außen ihre inneren Harmonien und melodischen Abläufe entwickeln. Das erreichten sie durch eine extreme Verzerrung von Gitarre und Bass und eine Abwandlung der Drums zu einem rasenden Background-Gehacke.

Der epische und gewaltige Black-Metal der Norweger entsteht durch schnell fließende Melodie, die den gewohnten Mustern widerspricht, um ein Ambiente einer virtuellen Existenz zu beschwören, einen phantastischen Raum für den umherstreifenden Verstand in einem gefesselten Körper. Die Konstruktion ihrer Musik ist nicht an die vorgegebenen Harmonieregeln gebunden, sondern ist aus dekonstruktiven antiharmonischen PowerChords, die auf unorthodoxe Weise strukturiert sind, zusammengesetzt, um ein möglichst großes Feld potentieller melodischer Affinität zu kreieren, während dieses Chaos gleichzeitig von scheinbar unzusammenhängenden Schlagzeugrhythmen unterlegt ist, die einen rasenden Gegenpart zu den in entfernten Dimensionen auf- und abschwellenden Melodien darstellen.

Mit diesem Album änderten Immortal die Geometrie des Metal durch eine Auswahl von Tonalitäten und eine atmosphärische Produktion, die ihre Gitarrenriffs von der Einengung durch rhythmische Strukturen entkoppelten, damit die kleinsten Muster ihrer Elemente mit den größten Mustern der Struktur im ganzen überlappen können, was einen Raumeffekt erzeugt - nicht nur in jeder wiederholten Phrasierung, sondern im Kontext jeder Phrasierung. Jeder Ton, der in einem Akkord gespielt wird, klingt mit all den anderen Tönen in einer vibrierenden Wand von verzerrten Hallgeräuschen, und die feinen Bewegungen des High-Speed-Spiels, die dieses Tremolo/Sustain erzeugen, lassen die Musik selbst in ihrem Verlauf atmen.

Immortal verwenden PowerChords aus den Grundtönen, während der Melodieton eine Oktave höher gespielt ist. Das erweitert die Spannweite der Melodie, weil die Offenheit des Systems stärker betont ist als die Geschlossenheit. Durch eine logarithmische Anordnung der Töne entstehen sich ausbreitende Harmoniewellen, die in keiner bestimmten Ordnung stehen, und sich gegenseitig überdecken können, als potentiell sich selbst ergänzende Teile. Dieser Stil bekräftigt den ultimativen Nihilismus des Death-Metal, ein scheinbares Ignorieren jeglicher Ordnung, bis zu dem Punkt, jede Kommunikation zu leugnen, tut dies aber auf eine Art, die Potentiale aufzeigt und nicht kinetische Verbindungen, das heißt, zu zeigen, was sein könnte statt an Grenzen zu denken.

Mit den durchdachten Melodien, die durch diese und andere Techniken herausgearbeitet werden, und den präzisen und variierten Songstrukturen, ist diese Musik gleichzeitig schön und extrem in denselben pulsierenden rhythmischen Schlägen. Ihre Schönheit kommt von der Verlockung des Teuflischen, des Geheimnisvollen und der Doppeldeutigkeit, während ihre Kraft von der Endgültigkeit und Aggression kommt, mit der sie die kläglichen, verzerrten Reste der einzigen Schönheit dieser Welt darstellt: des Todes.

Die Songs sind sehr schnell und so strukturiert, dass sie auf unabhängige Weise aus der Ordnung geraten, während sie Themen beginnen, die wiederholt und wiederaufgegriffen werden, um schließlich in der Weiterentwicklung des Riffs zu einem Endthema aufgelöst werden, das in seinem Minimalismus schwebend gehalten wird, ohne Erklärungsfunktion, aber zu dem passend, was vorher kam. Normalerweise definieren ein oder zwei dominante Riffs die Metastrukturen, die sich über den vielen untergeordneten Rhythmen und Harmonien dieser chaotischen, ekstatischen Musik verteilen. Wie so oft im Black Metal beginnen die Tracks unergründlich und entwickeln erst allmählich eine harmonische Stimme, die dann weiter fortschreitet, um den Song aufzubauen, aber Immortal haben dies zu einer Kunst verfeinert, und einige Heavy-Metal- und Fast-Death-Metal-Parts in den Black-Metal-Arealen verteilt; diese gehören zu der natürlichen Bewegung dieser Musik, die schön und schwer, leicht und faszinierend dahinfließt.

Wenn man dieses Album auch mit vielen Reviews sicher nie erfassen kann, sein Tiefgründigkeit in Charakter und Geist wie auch die Bedeutsamkeit als künstlerisches Medium erschaffen ein Ambiente, das alleinsteht und nicht wiederholt werden kann, während die pure Körperlichkeit und das gierige Potential dieser Musik das mystische Herz des Tieres in einen hellsichtigen Bewusstseinszustand versetzen.

Total Time 33:49
Osmose 1993
Stil: Black Metal
Prädikat: Einer der wichtigsten Klassiker dieses Genres.
Review: www.anus.com, translated by Mathieu

Immortal - Sons Of Northern Darkness

Immortal schicken nun ihr siebtes Album aus dem Studio, mit der bemerkenswerten Idee, eine Limited Edition der CD in angeblich 2 kg schweren Stahlplatten (Heavy Metal?) verpackt auf den Markt zu werfen. Doch von derartigen Verkaufsstrategien hier nur am Rande. Das Werk der Norweger lässt sich grob in zwei Teile gliedern: Die kultigen, extrem einflussreichen Black-Metal-Scheiben zwischen 1992 und 1997, am wichtigsten "Pure Holocaust" und "Battles in the North". Da es kaum möglich war, diese Platten zu übertreffen, wendeten sich Immortal mit "At the Heart of Winter" konventionelleren Strukturen zu, die mehr symphonische Progressive-Death-Metal-Elemente, insgesamt gesehen simplere Strukturen in leichter nachzuvollziehender Form enthalten. "Sons of Northern Darkness" setzte die Reihe fort, übertrifft jedoch das letzte Album "Damned in Black", was die Kompositionen betrifft. Heutzutage zeichnen sich Immortal weniger mit komplizierten, antiharmonischen Resonanz-Melodien und rasenden polyrhythmischen Blastbeats aus, sondern eher mit deutlicher Unterteilung der Songs in Standard-Riffsequenzen, konventionelleren Drumbeats und futuristisch-technischem Stil aus. Die neue Platte ist mit aller möglichen Professionalität und Perfektion eingehämmert worden, insbesondere ist erwähnenswert, was Horgh am Schlagzeug leistet. Die etwas rigide Produktion lässt das Material leblos wirken, entspricht aber der Zeit. Gut gelungen ist "Within the dark mind", ein fetziger Midtempo-Kracher, und das langsame "Beyond the North waves", das uns von einer Fahrt der alten Nordmänner in ihren Langbooten erzählt, und mit der passenden Mythologie und mitreißenden Komposition einem Kultstatus, wie ihn der Song "Blashyrk" innehat, nahe kommt. "In my kingdom cold" beginnt als geniales Black Metal-Arrangement, verliert sich dann aber in etwas faden, symphonischen Midtempo-Sequenzen. Insgesamt hört man keine Spur mehr von der Eiseskälte der älteren Werke, organische, warme, "benutzerfreundliche" "Light"-Elemente haben diese abgelöst. Trotzdem ein solides Werk, das noch ahnen lässt, wie groß diese Norweger einst waren.(Mat)

In Flames - Reroute to Remain

Irgendwie hab ich nie drauf gewartet. Aber eines Tages stand meine Freundin mit "Reroute to Remain" in den Händen vor mir. Ich hab wohl vergessen oder verdrängt, dass es von In Flames was neues gibt. Oder ich war immer noch in Trauer um meine Clayman...
Also CD in den Player... Und aus den Boxen kam der für In Flames typische und von ihnen geprägte Gothenburg-Sound. Reroute to Remain, der Titelsong, geht gleich los, als wäre er von der Clayman. System besteht aus einem Treibenden Grundriff - und fast einem Marylin Manson Refrain zum Mitsingen... Die nächste Nummer zwingt einen zum Bängen, ob man jetzt im Auto sitzt oder auf einem Konzert ist. Drifter heißt der Song, und man driftet wirklich in den Groove. So gehts bei Trigger und bei Cloud connected gleich weiter. Der Anfang von Transparent könnte auch von Hypocrisy sein. Aber er wechselt wieder in die In Flames´ doch so typischen Melodiefetzen, dann wieder zurück... Interessant. Dawn of a new Day hätte man auch gut auf der Elegy oder der Tuonela von Amorphis finden können. Viel cleaner Gesang und akkustische GItarren. Also eine ruhige Ballade. Allerdings bin ich der Meinung, dass dieses Genre auch bei Amorphis bleiben sollte. Weil die können das besser - was aber nicht heißen soll, dass der Song schlecht ist. Im Gegenteil.... Mit Ergonomic gehts wie gewohnt weiter, genauso wie bei Minus, Dismiss the cynics und Free fall. Der ist allerdings etwas ruhiger als die anderen. Er fängt schon mit einen Keyboardriff an... Dann Dark Signs, wieder wie man es gewohnt ist. Metaphor ist dann wieder etwas ruhiger, es fängt mit akkustischem Gitarrengedudel an, wie wir es von der Subterrean her kennen. Nur finde ich cleanen Gesang bei In Flames nicht sooo überzeugend. Der abschlusssong Black & white rundet das Album noch ab. Wechsel bestimmen das Lied, und zwar von Mosch- zu Feuerzeugpassagen. Mitreissend. Wenns mal zur Sache geht...


Die CD ist auf jeden Fall nix zum still sitzen bleiben. Irgendwas vom Körper geht immer mit, seis der Fuß, der Kopf oder sonst noch was. Nur gibt es auf Reroute to Remain keinen Kracher, wie wir es von dieser Band eigendlich gewohnt sind. Alle Songs sind auf einem Niveau. Kein Only for The Weak. Und: der Gesang verändert sich etwas zu cleanen Vocals hin. Auch nicht schlecht, aber sicher nicht besser. Das wichtigste ist für mich aber, wie die Songs Live kommen, und da haben In Flames ja immer ein gutes Händchen.
Zusammenfassend kann man also sagen: ein solides Stück In Flames-Arbeit. Aber es gab schon mal herrausragendere CD´s von den Jungens. Deshalb:
(ch)

In The Woods - Heart of Ages

Als ich das erste mal diese Scheibe in meine Finger gekriegt habe, war ich der festen Überzeugung, daß es sich dabei um ein bitterböses Black Metal Album handeln müsse. Also rein damit in meine Anlage und...... tja, was? Wie weit hatte ich doch gefehlt, das war doch glatt Musik!!!! Nein lieber Leser, falls du jetzt denkst, ich hätte dem Black Metal abgeschworen, so liegst du falsch, aber was in diesem Genre da hin und wieder als Musik angepriesen wird, ist doch manchmal wirklich nichts anderes als in einem Studio aufgenommene Geräuschkulisse und nur noch eine Beleidigung für die Ohren (obwohl meine Ohren in dieser Hinsicht recht tolerant sind). Aber ich schweife vom Thema ab - was ich eigentlich sagen wollte, ist, daß ich wirklich angenehm überrascht war, als die vermeintliche Musik einsetzte. Die Nummern sind im allgemeinen im Midtempobereich gehalten und das Black Metal Gekreische ist auch ganz eindeutig in der Minderheit, aber wenn es einsetzt, dann wenigstens so richtig schön abgedreht und krank. Dominiert wird das Album hauptsächlich von schwermütiger und trauriger Stimmung und ist eigentlich der perfekte Soundtrack für einen düsteren, verregneten Herbsttag. Die cleanen Vocals bzw. der Sprechgesang, die fast immer zum Einsatz kommen, sind durchaus vorzeigbar, wenn auch sicher noch ausbaufähig. Die Musik an sich gleitet so vor sich hin, allerdings ist es meist ein durchaus angenehmes Gleiten. Im Großen und Ganzen ist "Heart Of Ages" ein durchaus gelungenes Debut der Norweger, wenn auch noch einiges besser zu machen gewesen wäre - Potential ist aber auf jeden Fall vorhanden. (Sa)


Punkte 6,5