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Als ich diese Scheibe
das erste Mal in meinen CD Player legte, war ich bereits vorgewarnt
- das ist kein typisches Ulver Album, nicht einmal mehr Metal. Naja,
daß es kein typisches Ulver Album ist, hat mich nicht weiter schockiert
- als ob Ulver jemals ein typisches Ulver Album gemacht hätten!
Ihr erstes Release Bergtatt ging ja mehr in Richtung Viking Metal, dessen
Nachfolger Kveldessanger war ein rein akustisches Folklore Album und
vor Themes... veröffentlichten sie mit Nattens Madrigal ein bitterböses
Black Metal Album. Was man Ulver also bisher bestimmt nicht vorwerfen
konnte, war Stillstand, daß Themes... allerdings nicht einmal
mehr eine Metal Scheibe sein sollte, gab mir schon etwas zu denken.
Dementsprechend gespannt war ich auch darauf.
Tja, es ist wirklich keine Metal Scheibe mehr, oder auf jeden Fall nicht
im herkömmlichen Sinne. Es gibt zwar noch Gitarren und hin und
wieder mal ein Schlagzeug zu hören, aber genau so oft wird auch
mit Synthesizern und anderem elektronischen Zeug herumexperimentiert
und sogar ein Vinyl-Scratcher war am Werk.. Wer sich jetzt entsetzt
denkt, die schrecken ja vor gar nichts zurück und zu lesen aufhören
will... Neeeiiiiiin!!!! Denn auch ich hätte niemals gedacht, daß
mir ein Album, auf das eine derartige Beschreibung paßt, gefallen
könnte!! Denn was Ulver auf dieser Scheibe niemals außer
Acht lassen, ist das Gleichgewicht zwischen "herkömmlicher"
Musik und Elektronik zu wahren, aber was das Album erst wirklich genial
macht, ist Garms eindrucksvolle und packende Stimme - mal leise und
einfühlsam, mal heftig und aufdringlich weiß er den Hörer
wirklich zu fesseln.
Genau in diesem Rahmen spielt sich die erste CD dieses Doppelalbums
auch ab - es kann keine Rede von dahinrieselnder Musik sein! Nein, man
wird viel mehr von einer Stimmung in die nächste geworfen, nicht
nur von einem Track auf den nächsten, sondern auch innerhalb eines
Tracks, wie zum Beispiele Track 4, The Voice Of The Devil (Plate
4), der mit ruhigem Sprechgesang beginnt und abrupt durch einen
drastischen Bruch fortgerissen wird. Und auch dieser geht plötzlich
wieder in einen ruhigen Akustikgitarre Part über (Track 5,
The Voice Of The Devil (Plate 5-6)). Äußerst eindrucksvoll
finde ich auch die musikalische Umsetzung von den Feuern der Hölle
in Track 6, A Memorable Fancy (Plate 6-7). Höhepunkt
der ersten CD ist meiner Meinung nach Track 7, die Proverbs Of
Hell (Plate 7-10), die auch in der "lyrischen Vorlage",
William Blakes Werk "The Marriage Of Heaven And Hell", definitiv
einen Höhepunkt darstellen. Die Proverbs Of Hell sind eine Sammlung
von etwa 50 Sprichworten von teilweise mehr als nur genialem Inhalt,
deren musikalische Umsetzung genauso intensiv und faszinierend ist.
Besonders bei diesem Song weiß Garm seine Stimme in Szene zu setzen
und demonstriert eindrucksvoll, wie weit er in der Beherrschung dieser
gekommen ist und daß es eigentlich eine Schande war, sie jemals
für Black Metal Gekreische herzugeben. Unterlegt ist das Ganze
mit einem fettem Baßgitarrensound und einem Break-Beat..... Nach
den Proverbs Of Hell werden die Songs auf der ersten CD etwas schwächer
und eintöniger weil fast nur noch langsam - dennoch sehr empfehlenswert
finde ich noch Track 13, A Memorable Fancy (Plate 16-17), den letzten
auf der ersten CD.
Die zweite CD ist in ihrer Zusammensetzung etwas anders, etwas mehr
zuhörerfreundlich, was jetzt nicht kommerzieller heißen soll
- man wird einfach nur nicht mehr gar so heftig von einer Stimmung in
die nächste gerissen. Das Songmaterial ist durchwegs stark, mit
Ausnahme vielleicht der zwei kurzen Instrumentalnummern, dich ich etwas
langweilig finde - aber wozu wurde denn die Skip-Taste erfunden! Besonders
eindrucksvoll finde ich den ersten Track, A Memorable Fancy (Plate
17-20), der relativ ruhig mit verzerrtem Gesang und Konservenmusik
beginnt und sich bis zu seinem Ende immer mehr steigert und "instrumentenlastiger"
wird, um uns dann schlußendlich zu sagen "Opposition Is True
Friendship!". Seine Stimme zu präsentieren versteht Garm wieder
in Track 3, A Memorable Fancy (Plate 21-22), und auch
Track 4, A Memorable Fancy (Plate 22-24), weiß mit
seiner etwas abgedrehten Intonierung und Stimmung zu begeistern. Ganz
am Schluß wird bei Track 6, A Song Of Liberty (Plate 25-27),
noch mal elektronisch die Sau rausgelassen - aber selbst das machen
Ulver noch mit Stil!!!
Trotz kleiner Schwächen kann ich nur sagen, daß Ulver hier
ein Meisterwerk hingelegt haben. Was das Album bestimmt nicht ist, ist
kommerzielles Easy-Listening - im Gegenteil! Denn diese Scheibe ist
gänzlich ungeeignet, um sie im Hintergrund laufen zu lassen. Themes...
verläßt den eingeschränkten Horizont des durchschnittlichen
Musikkonsumenten und schickt einem auf eine Reise durch bizarre, wahnwitzige
aber auch wunderschöne Landschaften, jenseits aller vorgefertigten
Klischees. Somit möchte ich sie jedem empfehlen, der denkt, daß
er tolerant genug dafür ist - du wirst es nicht bereuen!!!! Und
für all jene die's nicht tun.... Ihr habt was versäumt!
Und für jene, die sich auch ein wenig für Literatur erwärmen
können, sei dies gesagt: Was mich auch immer wieder an dieser Scheibe
fasziniert, ist die Synthese von Wort und Musik, und die's interessiert,
seien verwiesen auf http://www.blakearchive.org
, wo es neben den Texten auch viele von Blakes Drucken und Illustrationen
zu sehen gibt, die WIRKLICH sehenswert sind. (Sa)
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